Nach dem wunderschönen gestrigen Wetter hat es die ganze Nacht geregnet und gewittert. Und schwül war es. Wir müssen uns noch etwas mit der Belüftung unseres Bootes einfallen lassen, denn bei Regen müssen wir alle Fenster zu machen. Mittags hat es dann wieder aufgeklart. Heute sind wir nur ein Stück den Fluss hinauf in den kleinen Hafen mitten in Audierne gefahren. Hier kommt man nur um Hochwasser hin, da der Fluss zu flach ist. Alles hier ist sehr beschaulich und ruhig (bis auf den Schulhof). Es gibt Aldi und Lidl, eine Bar mit Internet sowie einen Hafenmeister der englisch spricht. Hier im 'Süden' der Bretagne wir es ohne französisch immer schwieriger sich zu verständigen, auch im Jahre 2009.
Heute gab es seit Wochen das erste Mal wieder ein richtig saftiges Stück Fleisch. Mit Bohnen und Reis und im Cockpit in der Sonne verspeist. Nicht das wir Fleisch vermissen, aber es hat richtig gut geschmeckt. Rotwein gab es natürlich auch - und schon fühlt man sich wie Gott in Frankreich.
Am 'Raz de Sein' soll man bei Hochwasser sein, so steht es geschrieben. Ansonsten kriegt man jede Menge Probleme mit Races und Overfalls (siehe unten 'Alderney Race'). Man soll Hochwasser um nicht mehr als 15 Minuten verfehlen um keinen unangenehmen Seegang zu erhalten. Also müssen wir morgens früh raus um natürlich gegen den Strom diese 18 Meilen zum 'Raz' zu fahren. Dadurch haben wir aber auch tolles morgenliches Licht für die beeindruckende Felsenküste. Die Durchfahrt durch das 'Raz' ist dann unspektakulär, da wir bei Nipptide und genau bei Hochwasser durchfahren.
Hier im 'Raz' gibt es ganze fünf! Leuchttürme, damit man hier sicher durchkommt. Heute völlig übertrieben, aber man kann sich vorstellen, was bei anderem Wetter hier los ist...
Hinter dem Raz dann zum ersten Mal eine richtige Atlantikdünung. Ganz laangsaam hinauf, und wieder hinunter. Laangsam hinauf und wieder hinunter.... Rückenwind, Selbsteueranlage, genau so erhoffe ich mir die Atlantiküberquerung.
An der Boje im Hafen ist es dann heiss, nichts geht ohne Sonnensegel - aber das gibt es noch nicht. Nur den Stoff und eine Nähmaschine. Also frisch ans Werk und Sonnensegel nähen. Demnächst gibt es an gleicher Stelle ein Photo von einem niegelnagelneuem selbstgenähten Sonnensegel. Nach getaner Arbeit wird geduscht. Wir haben eine Solardusche - ein schwarzer Plastiksack mit Wasser gefüllt und in die Sonne gelegt erwärmt das Wasser. Den Sack im Cockpit aufgehängt ist dann die Dusche. Jetzt sind wir also in der Biskaya. Nach einem Monat durch Nordsee und englischem Kanal, 1000 Seemeilen. Aber das Gefühl wirklich lange 'weg' zu sein haben wir noch nicht.
Jetzt sind wir am Westausgang des englischen Kanals. Die nächste Etappe führt uns in Richtung Brest Rund um den Westzipfel der Bretagne, durch den 'Canal de Four' Ganz nach Brest wollen wir aber nicht. Zum einen hat man uns abgeraten, da Brest halt nichts weiter als eine große Stadt ist, zum anderen haben wir aber auch keine Seekarten und es ist ein ziemlicher Umweg.
Hier an der Westspitze der Bretagne scheinen die Leuchttürme erfunden worden zu sein. Überall stehen sie herum. Auf Klippen, an Hafeneinfahrten, auf dem Hochplateau, manchmal mitten im Wasser. Häufig stehen sie zu zweit, manchmal zu dritt oder zu viert. Die meisten Bilder, die man von Leuchttürmen in tobendem Meer kennt, stammen von hier. Wir können uns also ausmalen, das das hier eine sehr windige und ungemütliche Ecke sein kann. Im Sommer ist es aber oft sehr ruhig, so auch heute. Wieder kein Wind und motoren. Aber zum Glück ist es ja nicht weit und wir freuen uns diese Etappe nicht erkämpfen zu müssen wie befürchtet.
Aufbruch bei schönstem Sonnenschein in Guernsey - mit einer Windvorhersage von Nordost 2-4, also noch schnell tanken und dann los. Bis nach L'Aber Wrac'h (bitte nicht fragen wie das ausgesprochen wird) sind es ca. 100sm, also eine Nacht durch.
So weit die Planung, doch es kommt alles ganz anders. Am späten Nachmittag haben wir Nebel bekommen, der eigentlich nur im Norden sein sollte. Richtigen pottendichten Nebel. Und das die Nacht durch . Eingeklemmt zwischen Dampfertrack und Küste. Ausguck zu gehen war komplett überflüssig - gesehen hat man eh nix. Nur den Wiederschein des eigenen Buglichtes.
Also das kleine schwarzweiss Radar an und und das Beste draus machen. Natürlich ist um uns herum alles voller Boote - Fischer wohl. Bis zu 10 Radarkontakte in der Nähe gleichzeitig. Kein AIS, keine Angabe von Kurs und Geschwindigkeit auf dem Schirm und alles fährt kreuz und quer und labert französisch im Funkgerät. Ein bischen wie ein Videospiel, aber ohne 'Reset' und mit nur einem 'Leben'. Schlafen war dabei natürlich nicht.
Zum Glück hat es gegen Morgen aufgeklart - mit dem Nebel hätten wir 'draussen' bleiben müssen. Hier gibt es deutlich mehr Felsen an der Küste als wir gewohnt sind und gut für einen Kunststoffrumpf sind. Die Bojen stehen hier übrigens meist auf Felsen - also nicht zu dicht heranfahren! Der Tiefenmesser ist hier auch nicht hilfreich für eine 'sichere' Navigation durch die Felsen. Ohne gute Seekarten und guter Sicht geht hier gar nichts.
Aber jetzt sind wir wieder ausgeschlafen und liegen sicher an einer Boje vor dem Hafen, liegen unterm Sonnenschutz im Cockpit und schwitzen
Races: Trifft eine starke Strömung auf eine flache Stelle oder auf ein Kap, wird sie so abgelenkt, daß sich sehr unangenehme Wellen entwickeln, oft sehr kurz, sehr steil, die teilweise auf der Stelle stehen und brechen können (Overfall). Auf den Seekarten sind solche Stellen durch ein Wellensymbol gekennzeichnet. Zusammen mit einer Windsee oder Dünung ist das im wahrsten Sinne des Wortes tödlich. Schon bei Flaute können Races unpassierbar sein. Zum Glück sind die Strömungen, die die Races hervorrufen, ja Tidenströmungen und damit vorausberechenbar.
Eddies: So nennt man Gegenströmungen. Ich kannte sie nur als Nährströhmung z.B. zwischen den Buhnen von Elbe oder Ems. 'Eddies' treten im englischen Kanal aber sehr häufig an markanten Kaps auf. Dort können sie viele Meilen lang sein. Die bekanntesten sind bei Portland und halt am Cap de la Hague. Wenn man genau weiss wann und wo die 'Eddies' auftreten, kann man auch gegen den Hauptstrom mit dem Strom fahren.
Slack: Gibt es einmal ausnahmsweise keine Tidenströmung (weil sich halt Ebbe und Flut abwechseln) nennt man diesen Zeitraum SLACK. Das gibt es aber nicht zwangsläufig immer zwischen dem Wechsel von Flut und Ebbe. Oft genug gibt es auch keinen Stillstand (SLACK), sondern die Strömung läuft ständig, und zwar im Kreis.
Von Cherbourgh nach Guernsey zu segeln geht eigentlich gar nicht, obwohl das nur nur gut 40 Seemeilen sind, weil:
Trotzdem sind wir heute in Guernsey angekommen! Und das geht wegen der Eddies. Ich liebe Eddies. Das Cap de la Hague bildet bei auflaufendem Wasser auf den fast 15 Meilen bis Cherbourgh einen Eddie (Gegenströmung) gaanz dicht unter Land. Wir hatten teilweise bis zu drei Knoten Strom mit, obwohl der Hauptstrom weiter innen im englischen Kanal gegen uns war. Bei richtigem Timing ist man am Cap de la Hague genau dann, wenn dort ein SLACK ist. Also keine Strömung. Daher auch keine Races. Und ein paar Minuten später ist das SLACK vorbei und der Strom geht in die andere Richtung, jetzt ganz ohne Eddie in Richtung SW, also Guernsey. In der Praxis fahren also alle 3 Stunden vor Hochwasser Dover in Cherbourgh los und kommen ohne Probleme nach Guernsey - jedenfalls heute bei Nordost Wind. Bei dem normalen Südwest geht das schon fast nicht mehr, denn dann kriegt man nach dem SLACK Wind-gegen-Strom Verhältnisse vom Feinsten. Aber heute war super, wir sind mitten durch die berüchtigten Alderney-Races nur unter Spinnaker gefahren.
Nun sind wir in Guernsey - Hurra. Das gehört zu England - nein zu Großbritannien, oder doch nicht? Jedenfalls spricht man hier englisch und die Preise in den Läden sind in Pfund Sterling ausgeschrieben. Die Kanalinseln haben aber eine eigene Regierung mit eigenen Gesetzen. Als Banknoten am Automaten erhält man das 'Guernsey Pfund', das ist zwar genausoviel Wert wie ein britischen Pfund, in England kann man damit aber nicht bezahlen.
Ein Engländer in Cherbourgh hat uns gesagt, dass wenn es um das Steuern bezahlen geht, Guernsey selbständig ist. Wenn es um Sozialleistungen geht, sind sie aber Briten. Irgendwie erinnert mich das an eine kleine Hochseeinsel kurz vor der Küste vor Deutschland...
Hier in St Peter Port in Guernsey kann man nicht einfach in den Yachthafen fahren. Denn der Hafen hat eine Barre an der Einfahrt und bildet so eine Art Badewanne mit Überlauf (die Einfahrt). Bei Niedrigwasser bleibt genug Wasser in dieser 'Badewanne', dass die Boote darin weiterhin schwimmen. Das bedeutet aber auch, dass man nur ein paar Stunden um Hochwasser herum in den Yachthafen hinein fahren kann, nämlich dann, wenn der Wasserstand über der Barre tief genug für das Bootes ist. So geht das übrigens mit vielen Häfen hier in den Kanalinseln und auch in anderen Gebieten mit hohen Tiden. In der Praxis ist das aber gar kein Problem . Man muss halt nur die Tiden richtig berechnen. Und geht das doch einmal schief gibt es vor der Barre des Yachthafens einen Wartepontoon. Dort bleibt man halt bis der Wasserstand hoch genug ist. Ausserdem trifft man in jedem Hafen genug 'Einheimische', die genau wissen wann man wie und wo losfahren muss um richtig anzukommen.
Hafenkoller! Wie kann es sonst sein, dass wir am Samstag bei einer Windvorhersage von Westlichen Winden losfahren. Mittags! Und das, wo doch am Montag der ersehnte Ostwind kommen (und bleiben) soll. Aber spätestens am dritten Tag im gleichen Hafen halten wir es nicht mehr aus. Wie soll das noch werden. Wir müssen ruhiger werden - ok, kommt alles noch. Also ablegen. Vor der Hafeneinfahrt finden wir dann natürlich einen Südwest-Wind vor. Von Vorne, klar. Und eine Kreuzsee, die viel so groß für die schwache 3 Windstärken ist, durch den starken Wind am Freitag und der Reflektion der Wellen an der felsigen Küste. Jedenfalls werden wir richtig durchgeschüttelt. Unseren Zeitplan, den wir uns für die Strömung zurechtgelegt haben, können wir jedenfalls vergessen - kreuzen ist angesagt und das dauert viel viel länger. Aber wir vergessen das Ankommen, das Ziel und die schlechte Strömung. Wir segeln einfach in die Nacht hinein und das ist herrlich. Die 'Arbeit' machen dabei die Segel und 'Trillian', unsere Wind-Selbsteueranlage. Beim Segeln hoch am Wind ist die einfach klasse. Selbst Wenden kann Trillian fahren. Wir können es uns also gut gehen lassen und lesen, Abendbrot essen (Rote Bete Suppe mit Sauerkraut und Orangen - nicht den Mund verziehen, probieren!) Hörspiele hören etc. Nur etwas kalt und feucht ist es in der Nacht, aber das wird sich wohl auch geben, je weiter wir in den Süden kommen. Leider ist im Kanal viel Schiffsverkehr und wir müssen aufpassen - alle drei Stunden wechseln wir uns ab, der andere kann derweil schlafen.
Wir können die Sitzbänke im Salon des Schiffes so umbauen, dass man bequem schlafen kann und auch bei viel Schaukelei nicht herausfällt. Echt wichtig, wenn man mal länger als nur einen Tag unterwegs ist. Also kreuzen wir zwischen der französischen Küste mit seinen kleinen, meist gelb beleuchteten Orten und dem 'Dampfertrack'. Hier gibt es eigentlich nur ein paar Fischer und auch die nur in Küstennähe.
Leider kommen wir so natürlich viel zu spät, nämlich bei Gegenstrom an der engen Stelle des Kanals vor Cherbourgh an. Die letzten 10 Seemeilen waren wirklich eine Qual (6 Knoten Fahrt durchs Wasser, 2 Knoten über Grund). Aber was solls, jetzt sind wir hier in Cherbourgh, der halbe englische Kanal liegt schon hinter uns. Hier blühen übrigens gerade die Palmen - schon echt anders als in Hamburg. Morgen ist ausspannen, Stadtbesichtigung und vielleicht ein paar Reparaturen und Wäsche angesagt. Und dann mal sehen, wie es weiter geht...
West West West - und zur Abwechselung einmal West-Nordwest, das ist die Windvorhersage schon seit Tagen für die nächsten Tage. Eigentlich haben wir ja Zeit, das Wetter ist gut, gleich neben uns wird frischer Fisch und Baguette und alles was das Herz begehrt verkauft. Aber wir wollen weiter und das geht nicht! Viele andere hier im Hafen fahren weiter - Richtung Osten, aber da kommen wir ja gerade her - oder nach England, aber da wollen wir gar nicht hin. Also heisst es warten auf anderen Wind. Aber davon auch nicht zu viel und bitte kein Regen und gute Sicht und und und.
Statt Ostwind -- kommt: Der französische Zoll. Was hat man uns für Angst gemacht - gerade die französischen Zöllner sind ganz scharfe Hunde. Legen das Boot an die Kette wenn nicht alles 100%ig in Ordnung ist. Nehmen das ganze Schiff auseinander. Und fordern unverschämt hohe Strafgebühren. Ob wir die ganzen Geschenke von unserer Abschiedsfeier in Hamburg nicht doch besser schon ausgetrunken hätten?
Also waren wir ein bisschen aufgeregt. Zwei Zöllner, sie kommen heran gesaust in einem Zoll-Schlauchboot in voller Montur, Pistolen, Funkgerät, das ganze Programm. Und wie man es von einem richtigen Franzosen erwartet sprechen sie (kaum) englisch, deutsch natürlich gar nicht. Aber schließlich kommen wir ja zu Besuch nach Frankreich und können kein französisch.
Freundlich sind sie, richtig nett. Natürlich wollen sie alle Papiere sehen, aber die sind in Ordnung. Natürlich durchsuchen sie das Schiff nach 'Schmuggelware', ist ja ihr Job. Dann plaudern wir noch etwas über den englischen Fischer, den Sie gestern aufgebracht hatten (der hat eine Kontrolle des französischen Zolls in den Hoheitsgewässern Frankreich abgelehnt - und wollte mit Highspeed abhauen - der ist gleich eingelocht worden. Richtig so), und weg sind sie, kontrollieren das nächste Boot. Noch mal Glück gehabt? Ich denke nicht. Bisher haben wir nur Gutes von französischen Offiziellen an eigenem Leib erfahren. Alle anderen, negativen Geschichten kennen wir nur von Hörensagen und so soll es auch bleiben.
Wie war das eigentlich mit dem Ostwind? Langjährige Wetterfrösche sagen dass im Mai und Juni vorwiegend Ostwinde herrschen. Wieso halten die sich dann dieses Jahr nicht daran? Mal wieder kämpfen wir hoch am Wind weiter nach Süd-Westen und landen in Bologne Sur Mer.
Hier kann man endlich nachweisen, das wer am meisten zu Scheißen hat am Höchsten rauskommt.
Da wir keine Lust mehr haben weiter gegen den Wind zu kämpfen, bleiben wir eine Weile hier und warten auf östliche bzw. nördliche Winde. Aber bei köstlichem Baguette, Scampipfanne und spottbilligen Kirschen macht das Warten richtig Spaß.
Adieu Belgien (Länderschluck!) Salut Frankreich. Zum Glück hält sich die Strömung nicht an die Strömungskarten und bleibt uns deshalb länger erhalten als erwartet, so erreichen wir Calais und müssen nicht in das ungemütliche industrielle Dunkerque (Dünnkirchen).
Hier kommt man nur bei GRÜN rein. Ein Ampelsystem zeigt an, wann in den Hafen eingelaufen werden darf und wann nicht. So wird das mit den ein- und auslaufenden Schiffen und Fähren geregelt. Nachdem wir dann "drin" sind warten wir an einer Mooringboje auf den Einlass in den inneren Yacht-Hafen. Dort wollen sie dann zum ersten Male unsere Schiffspapiere sehen.So, endlich dürfen wir die Niederländische Gastlandflagge abnehmen und die Belgische setzen.
Das bedeutet: Länderschluck!!! Ja, ja, bei jedem Landwechsel gibt es einen Schluck (alk. Getränk). Dabei sind wir noch zurückhaltend - wir haben auch schon von Tidenschluck und Manöverschluck gehört. Mann, da kämen wir ja aus dem Saufen nicht mehr raus.... hicks
Über Belgien können wir leider nicht viel sagen, da wir nur übernachtet haben - Außer vielleicht das es Barbaren sind und kleine süsse Hunde auf Poller aussetzen.....